Kino, wie im Film

Will man dem Grazer Alltagstrott zwischendurch eine Pause gönnen, klopft man am besten an die Türe des Grazer Kunstgartens. Ein liebevolles Projekt, welches ein abwechslungsreiches Programm in Kombination mit der Nähe zur Natur bietet. Beim Ciné privé wurde dieses Mal in heimeliger Harmonie der Streifen „Birnenkuchen und Lavendel“ vorgeführt.

20:15 – Primetime. Warum immer in gewohnter Runde, warum immer auf der eigenen Couch? Der Kunstgarten bietet im Rahmen des Ciné Privé bzw. Zimmerkinos die Möglichkeit, ausgewählte Filme in angenehmem Kreise mit anderen Kultur-Enthusiasten zu sehen. Bei Schönwetter genießt man den Film im Freien, wobei die Kulisse des Gartens die Bilder auf der Leinwand beinahe überflüssig wirken lässt. Der eigentliche Privatgarten ist von einer solch überwältigenden Vielfalt, dass dafür eigene Führungen angeboten werden.

Nachdem unterschiedlichste Pflanzenraritäten des Hauses erkundet sind heißt es: Film ab. Dieses Mal wetterbedingt im Wohnzimmer, das aufgrund von unzähligen Büchern und persönlichen Details eine einladende und vertraute Atmosphäre ausstrahlt. Der Film des Abends „Birnenkuchen und Lavendel“ (Original: Le goût des merveilles), erschien 2015 unter der Regie von Éric Besnard und der Produktion von Patrice Ledaux.

Der Streifen strotzt vor französischer Harmonie und malerischer Romantik, in die man sich nur zu gerne hineinversetzt. Das begrüßenswerte daran: Trotz Happy End wird der 0815-Kitsch ausgespart. Einer verwitwete Mutter (Virgine Efira) droht aufgrund von Geldproblemen der Verlust ihrer Landwirtschaft, welche sich idyllisch in die unaufdringlichen Hügel der französischen Provence bettet. Die Karten werden noch einmal ganz neu gemischt, als ein Mann (Benjamin Lavenhe) mit Asperger-Syndrom in ihr Leben tritt.

Viel imposanter als die Handlung selbst sind jedoch die gezeigten Landschaftskulissen. Schmale französische Gässchen, der Einklang der Farben rot und violett in angrenzenden Mohn-und Lavendelfeldern und Obstbaumplantagen, die verspielte Schatten werfen – Fernweh ist vorprogrammiert. Die Aufnahmen wirken beruhigend und harmonisch; mehr als passend zur Kino-Lokalität. Dass dieser Film keiner willkürlichen Auswahl unterlegen ist, beweist der starke Fokus auf Naturnähe, welcher auch im Kunstgarten klar ersichtlich ist.

Die Authentizität des Abends kann kaum überboten werden. Ein Film, der zum Fantasieren anregt an einem Ort, dem durch die bloße Existenz dasselbe gelingt.

Der Kunstgarten ist eine Bereicherung für alle Sinne und sollte noch viel mehr Menschen begrüßen dürfen. Im Anschluss hier ein paar Links, die einen ersten Eindruck vermitteln sollen, der Realität aber keinesfalls das Wasser reichen können!

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Ein Nachmittag für wagemutige Gitarrenklänge

Der junge Portugiese André Ferreira spielte unter dem Titel „Tarde de guitarra“ auf seiner Gitarre einen Querschnitt vom Barock bis zur Musik des 20. Jahrhunderts. Der Grazer kunstGarten bot ein einmaliges Ambiente für das kleine, feine Konzert.

André Ferreira; entnommen von :https-i-ytimg-comvicii7xjl0bmghqdefault

André Ferreira; entnommen von :https-i-ytimg-comvicii7xjl0bmghqdefault

Was braucht man für ein Hauskonzert der besonderen Art? Überzeugende Künstler, aufmerksame Zuhörer und einen gemütlichen Rahmen. Dieses Rezept wird von den Inhabern des kunstGartens Irmi und Reinfrid Horn perfekt beherrscht. Für das letzte Konzert war Musiker André Ferreira mit seiner Gitarre geladen. Schon beim Einklingen seines Instrumentes mit Stimmgabel und müheloser Präzision wird klar, dass man hier einen musikalischen Feinspitz vor sich hat. Auch mit seiner Programmwahl überrascht der junge Portugiese auf positive Art. Er verzichtet auf die typischen „Gassenhauer“ der Gitarrenliteratur und präsentiert eine gemischte Auswahl ihm nahestehender Komponisten. Als älteste Werke erklangen zwei barocke Sonaten von Carlos Seixas. Der portugiesische Tondichter ist Ferreira nicht nur durch sein Heimatland verbunden, sondern auch durch seine ganz individuelle Art Musik zu schreiben, die sich wenig an zeitgenössischen Kollegen orientierte, wie er erklärt. Die melancholische und introvertierte Charakteristik der Stücke weiß der Gitarrist geschickt auf sein Instrument zu übersetzen. Trotz der starren Rhythmik der Komposition, gelingt ihm ein weiches Abphrasieren, dass ein Innehalten und Luftholen im Fluss der Musik erlaubt. Dieses Element der Ruhe hat André Ferreira vollauf begriffen. Bewusst nimmt er sich Zeit um seine Stücke ausklingen zu lassen und den folgenden einen Moment der Stille voranzustellen. Oft ist es eben nicht ein perfekt fehlerfreier Vortrag der ein gebanntes Publikum garantiert, sondern diese Bereitwilligkeit auch auf den Zuhörer einzugehen.

Capricho von Goya , entnommen von: http-hitosdelapropaganda-blogspot-co-at201401si-sabra-mas-el-discipulo

Capricho von Goya , entnommen von: http-hitosdelapropaganda-blogspot-co-at201401si-sabra-mas-el-discipulo

Vorbeiflitzende Katzen, Fotoblitze und Gläserklirren scheinen die Verbindung zwischen seiner Musik und dem willigen Hörer nicht zu berühren. Seine Tremoli in Agustín Barrios-Marongés Una Liosna por el Amor de Dios perlen sanft aber beharrlich. In der anschließenden Confésion, einem musikalischen Liebesbekenntnis, ist zu Beginn noch die Unsicherheit des Werbenden zu spüren. Langsam weicht die Betretenheit und wird zu erwartungsvoller Hoffnung, die mit einem leisen, nachhallenden Flageolett in der Mitte der Gitarre ihre Erfüllung findet.
Neben lyrischem Saitenzupfen, kamen auch frechere Kompositionen nicht zu kurz. In zwei Stücken von Astor Piazolla kombinierte Ferreira rhythmischen Flow mit expressiver Spieltechnik. In So sabrá más el discípulo? (zu deutsch: Wenn der Schüler mehr weiß als der Lehrer?) war zudem die Vertonung eines Goya Bildes (siehe oben) zu hören. An einen Lausbubenscherz erinnernd trifft man hier auf gewagte Harmonik und komplizierte Melodiefiguren. Diese meistern seine wendigen Finger und geben mit spannungsvoller Dynamik den letzten Schliff. So überzeugend vorgetragen, kann man sich da auch mit einem verschmitzten Lächeln den Applaus abholen.

Es ist immer wieder ein Erlebnis den Geheimtipp kunstGarten aufzusuchen. Also ppsssst: bitte weitersagen!

Weitere Informationen zum Programm im Kunstgarten Graz gibt es unter:
http://kunstgarten.mur.at

Eine Hörprobe des talentierten Gitarristen kann man unter folgendem Link finden:

Remember Rembrandt

Am 4. Juli fand die letzte Vorstellung der jungen Oper „Remember Rembrandt“ (Libretto: Ruud van Weerdenburg, Komposition: Henrik Sande) im kunstGarten statt. Irmi Horn inszenierte die tragi-komischen Bewegungen von Rembrandts Werken und Wirken in einem kurzweiligen und experimentellen Rahmen.

„Amsterdam, the city of merchants and sailors…“ – mit diesem in der Endlosschleife wiederholten Satz wird das Publikum zu Beginn der Aufführung auf den Schauplatz der Geschichte eingestimmt. Rembrandt Harmenszoon van Rijns – so sein voller Name – Schaffen fügte sich in Hollands politischer, wirtschaftlicher und künstlerischer Blütezeit, die eben insbesondere die Großstadt Amsterdam prägte. Rembrandt musste viele Schicksalsschläge erfahren – früher Tod seiner engen Familienangehörigen, große finanzielle Probleme -, die allesamt sein Leben prägten.

Dieses Gefühls- und Erfahrungsspektrum wird in „Remember Rembrandt“ auf musikalischem, darstellerischem und sprachlichem Wege interpretiert. Der niederländische Librettist Ruud van Weerdenburg verkörpert dabei den Künstler selbst als Sprecher und auch Sänger/Darsteller. Der junge und vielversprechende Tenor Laszlo Adrian Kiss übernimmt zusätzlich die klassischen Gesangspartien. Diese Doppelbesetzung bringt die Vielschichtigkeit von Rembrandts Leben gekonnt zum Ausdruck. Auch Hendrickje Stoffels‘ (Rembrandts große Liebe) Rolle ist treffend doppelt besetzt, von der niederländischen Sopranistin Saralies ten Hooven und Irmi Horn selbst als Sprecherin.

Eine weitere Besonderheit ist der an die tragische Komödie angelehnte, in Alter und Geschlecht gemischte Chor, der sprechend und singend das Geschehen kommentiert. Die Ausstattung ist ganz im kunstGarten-Stil gehalten und zeugt von einem kreativen Blick fürs Detail: viele kleine Gegenstände verteilen sich über die Bühne, die im Gesamten einen orientalisch angehauchten Stil vermitteln. Auch die zahlreichen Selbstportraits des Künstlers finden ihren Weg in die Darstellung und veranschaulichen, wie Rembrandt sich mit sich selbst und seinem Leben befasste.

In musikalischer Hinsicht waren zu Beginn die dissonanten Akkorde etwas gewöhnungsbedürftig, ebenso wie der bruchartige Wechsel von klassischen Arien zu Jazzimprovisation und das Aufeinandertreffen von Saxophon und Cembalo. Lässt man sich auf dieses auditorische Experiment ein, verschmelzen diese bewussten Stilbrüche zu einem schlüssigen Ganzen und repräsentieren die verschiedenen Züge von Rembrandts Leben: Sturm- und Drang-Zeit, Ruhm, Liebe, Trauer, Misserfolg. Van Weerdenburgs malerische und tiefgründige Texte klingen so persönlich, als habe sie Rembrandt selbst verfasst.

Herrlich ungezwungen ist vor allem auch die Location der Aufführung. Der erfrischende und zugleich mystisch-exotische kunstGarten wird als Schauplatz mit einbezogen – etwa, wenn eine Sängerin auf dem Dach eines Gartenhäuschens erscheint. Ein Spaziergang durch die verschlungenen Wege im Garten lässt den Operngenuss in Ruhe ausklingen.

Weitere Ausstellungen und Performances im kunstGarten sind hier ersichtlich.